Ute Flamich über einen Besuch in Langenwetzendorf

[Ute Flamich/OTZ/15.06.2013]
Manchmal wünschte ich mir einfach mehr Zeit. Die hätte ich in dieser Woche auch gut gebrauchen können, um bei einigen Terminen mit sehr interessanten Menschen länger verweilen zu können.
Zu diesen Terminen zählte für mich auch der Besuch des renomierten Neurobiologen Gerald Hüther in Langenwetzendorf. Dort ließ er sich über die Umsetzung des Thüringer Bildungsmodells „Neue Lernkultur in Kommunen“, nelecom genannt, an der Bio-Landschule informieren – und hatte selbst viele Tipps und Anregungen für die Langenwetzendorfer parat. Einen Aspekt fand ich besonders spannend. Er erscheint fast banal und selbstverständlich, ist – zumindest für mich – aber genauso einleuchtend: So ist Gerald Hüther der Ansicht, dass so viel wie möglich in die Hände der Schüler gegeben werden sollte, damit diese die Möglichkeit haben, eigene Werke zu schaffen. Und wenn man in einer Kommune eigene Werke geschaffen hat, dann ist man dort auch zu Hause, sagte er. „Die jungen Leute müssen so gestärkt werden, dass sie auch später gute Erinnerungen an ihren Heimatort haben. Und an das, was sie dort gemeinsam mit anderen schufen. So werden sie zumindest stets den Wunsch haben, in ihrer Heimat zu bleiben oder dahin zurückzukommen.“ – Für mich klingt das wie der passende Schlüssel zum großen Problem der demografischen Entwicklung, vor allem in den ländlichen Regionen. Bleibt „nur“ das Problem der Umsetzung. Bedarf es dessen doch Zeit, Geduld, Verständnis und vielleicht in erster Linie auch Einsicht. Einsicht, dass Kinder ruhig selbst zu Akteuren werden dürfen, ja werden sollten. Doch sicher ist es dabei für Eltern, Erzieher und Lehrer nicht immer leicht, die angemessene Grenze zu stecken.
In Langenwetzendorf scheint das, was jetzt unter der Bezeichnung nelecom läuft, aufzugehen. So erzählte Bürgermeister Kai Dittmann von einigen Rückkehrern, die Langenwetzendorf nicht missen wollen. Das Beispiel zeigt für mich, dass manchmal noch so große materielle Reize, eine sehr gute Bezahlung oder ein Aufstieg auf der Karriereleiter locken können, aber gegen Heimatgefühle kommen diese Argumente oft nicht an. Glücklicherweise.

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