Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht kochte zusammen mit den Koch-Kids der Bio-Regelschule Langenwetzendorf in der Gläsernen Küche des Bio-Seehotels. Als Hobbyköchin eröffnete sie den bunten Reigen innerhalb der Veranstaltungsserie „Topfgucker“
[Marius Koity / 30.09.12 / OTZ]
Diese Aktion will für gesundes, regionales Essen werben. Zum Auftakt stand Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Herd. Und positionierte sich klar gegen den Wassercent ihres Parteikollegen und Umweltministers Reinholz.
Zeulenroda. „Wo habt ihr die Ministerpräsidentin versteckt“, rief Gerhard Dittrich, Vorstand des Landesverbandes der Köche Mitteldeutschland, leicht irritiert in die Gläserne Küche des Bio-Seehotels Zeulenroda. „Hallo! Hier bei der Arbeit!“, meldete sich Christine Lieberknecht kurz, um dann weiter Seite an Seite mit den Hotelköchen Espresso-Honig-Vinaigrette anzurichten.
Mit der Kochmütze auf dem Kopf und der umgebundenen Schürze war die CDU-Spitzenpolitikerin tatsächlich nicht als Staatsfrau auszumachen. So neu sei es für sie aber nicht, 20 bis 25 Menschen zu versorgen, sagte Lieberknecht, die Zeiten in Erinnerung rufend, als sie als Pastorin ebensoviele Jugendliche auf Rüstzeiten versorgte.
Solche Schlaglichter auf ihr Leben vor und mit der Politik sollte es mehrere geben in der Gläsernen Küche und an der langen Tafel im Kaminzimmer des Seehotels. Dort wurde am Samstagabend eine neuen Reihe frei nach dem Motto „Prominente kochen“ gestartet.
„Unser Ziel ist Aufklärung zum Thema der Bio-Nahrungsmittel“, sagte Dittrich. Mit Hilfe des Seehotels soll gezeigt werden, dass es Bio-Produkte auch in der Heimat gibt und dass die nicht teuer sein müssen.
Nicht nur mit Hilfe von Politikern soll in loser Folge für gesundes Essen und Esskultur geworben werden, gab Hoteldirektor Marco Lange zu verstehen. In Verhandlungen stehe man auch mit Sportlegenden und nicht zuletzt Künstler sollen in der Gläserne Küche zaubern. Bewusst eingebunden werden hier die von der Bio-Landschule/Regelschule Langenwetzendorf betreuten Koch-Kids, die einmal im Monat in der Seehotel-Küche ihrem Hobby frönen, aber auch mal wie letzte Woche den Fischer in Mehla aufsuchen, um sich mit der Fisch-Zubereitung zu beschäftigen.
Am Samstagabend gingen Maria Malkow, 12, aus Zoghaus sowie Danilo Franz, 15, aus Zeulenroda dem Küchenchef Christian Obst und Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht zur Hand. Schwärmte die Zwölfjährige vom Kochen, dem Naschen und der Stimmung in der Gläsernen Küche, fand der Fünfzehnjährige die Landesmutter „cool drauf“.
Ihn beeindruckte wie andere Gäste auch, dass sich Lieberknecht während ihres dreistündigen Spezialeinsatzes kaum schonte. Schneiden, anbraten, abschmecken, keine Arbeit ließ sie aus. Und bald fragte sie nicht mehr, wo denn was zu finden sei – schnell kannte sie sich in der Küche aus. Nachdem sie die Vorspeise unter den Gästen genossen hat, räumte sie auf dem Weg zur Zubereitung des Hauptgangs fast schon unter dem Protest der Gastgeber die Tafel mit ab, weil: „Man kann doch nicht mit leeren Händen in die Küche gehen!“
Rinderfilet mit Brennesselkruste war eine der Spezialitäten des Abends. „Das mit der Kruste ist was zum Abgucken“, sagte Lieberknecht. Wann sie das in Zeulenroda Gelernte umsetzen wird, ist allerdings unklar, schaffe sie es doch höchstens zu hohen Feiertagen, privat zu kochen. Dann stehe Traditionelles auf dem Menü.
Zu den Magen-Darm-Erkrankungen in thüringischen Schulen und Kindergärten die mit dem Essen eines Groß-Caterers in Verbindung gebracht werden, konnte auch Lieberknecht nur verständnislos den Kopf schütteln. „Wo dies möglich ist, bin ich prinzipiell für überschaubare regionale Kreisläufe, gerade wenn es um die Versorgung von Kindern geht.“
Die Idee der Koch-Kids, im Laufe des Abends wiederholt angesprochen und von der Regelschulleiterin Monika Groll-Mohr im Detail vorgestellt, fand die Erwachsenen-Runde nicht schlecht. „So etwas hatten wir schon mal, im Fach Schulgarten, das es nicht mehr gibt“, sagte Peter Dietze aus Plauen. „Stopp! Das gibts in Thüringen immer noch!“, stellte Lieberknecht klar und gab zum Besten, wie sie zu ihrer Zeit als Kultusministerin gegen vermeintlich Besserwissende den Schulgarten für Thüringen erhielt.
Politischer wurden die Tischgespräche, als Dirk Stöppler, Werkleiter des Chemiewerkes/Akzo Nobel in Greiz, beim Thema Wassercent nachbohrte. „Der ist weg“, beschied Lieberknecht. „So lange ich etwas zu sagen haben, ist der weg.“
Werner Beyer (parteilos), Bürgermeister von Weida, tafelte mit, um Lieberknecht u. a. einen möglichst schmerzfreien Weg zur Eingemeindung der überschuldeten Orte Hohenölsen und Steinsdorf aufzeigen zu dürfen. Er bekam das gewünschte Vier-Augen-Gespräch und schien danach zufrieden, auch wenn ihm nichts versprochen worden sei.
Hans-Georg Karsch aus Triebes hatte die Einladung zum Promi-Kochen bei der OTZ-Verlosung gewonnen und sein Resümee lautete: „Die Idee ist ok. Kann man empfehlen. Man kennt ja vieles gar nicht, was einem da vorgestellt wird.“ Das Dessert mit Schwarzer Walnuss war ihm beispielsweise neu.
Von „raffinierten Rezepten“ und einem „Spitzenabend“ sprach Sonja Herrmann aus Greiz, die ebenfalls mit der OTZ dabei war. „Sehr gut finde ich die Einbeziehung der Kinder, denn ich weiß, wie schwer es ist, junge Leute für das Kochen zu begeistern.“
Eine „große Freude“ bereitete es auch Günter Petzold, Jurist aus Leipzig und Ehrensenator des Verbandes der Köche Deutschlands, dass sich Lieberknecht am Samstagabend „mit so viel Liebe“ der Werbung für gesundes Essen aus der Heimat widmete. „Bedauerlicherweise wird das zu wenig gewürdigt“, fand er mit der Hoffnung, dass Initiativen wie jene der Koch-Kids Nachahmer finden.