(OTZ/Flamich/0701.2010)
Weihnachten wird heute gefeiert
Russen richten sich nach Julianischem Kalender − Neujahrsfest hat mehr Bedeutung
Wenn Katja Medvedeva nicht gerade in Deutschland wäre, würde sie heute mit ihrer ganzen Familie in Russland feiern. Sie würde wohl im warmen Wohnzimmer ihrer Eltern in der Millionenstadt Omsk sitzen, den mit goldenen Kugeln geschmückten Weihnachtsbaum bewundern und
von den leckeren Salaten mit Wurst, Fleisch, Fenchel, Ananas und viel Mayonnaise probieren. In Russland wird heute − nach dem Julianischen Kalender − Weihnachten gefeiert. Doch Katja ist in diesem Jahr
nicht dabei. Die 22-Jährige ist seit dem 27. September Fremdsprachenassistentin in der Bio-Landschule in Langenwetzendorf. Sie hat Weihnachten schon in Deutschland gefeiert − das erste Mal in ihrem Leben. „Vieles ist hier anders“, sagt die junge Russin, die weder
Adventskranz, noch -kalender oder die Tradition des Plätzchenbackens kennt. Auch das Anzünden von Kerzen sei für sie ungewöhnlich aber
„sehr schön und so gemütlich“, sagt sie und erzählt, wie ihre Familie das Weihnachtsfest für gewöhnlich feiert: Heiligabend ist in Russland
am 6. Januar. „’Sochelnik’ oder ’Koljadki’ wird er bei uns genannt.“
Die ganze Familie komme zusammen, es werde gut gegessen. „Bei uns gibt es meistens mit Weizengries gefüllte Gans oder Ente. Mandarinen
und Sekt sind ein Muss an diesem Abend, genauso wie verschiedene Kuchen und Torten. Bei uns gibt es fast immer Torte, weil meine Mutti die so gern zubereitet“, sagt sie. Weihnachten in Russland sei ein Fest, bei dem sich die Menschen amüsieren, singen und tanzen. „Familien und
Freunde besuchen sich, genauso wie Patenkinder ihre Pateneltern.
Traditionell geben Patenkinder und Pateneltern einander kleine Geschenke wie ein paar Süßigkeiten, Nüsse oder etwas Obst“, so Katja
Medvedeva. In der Nacht vom 6. auf den 7. Januar gehen viele Menschen in die Kirche und besuchen einen der langen Weihnachtsgottesdienste. Auch Katja und ihre Familie seien stets mit dabei.
Trotz aller Feierlichkeiten spiele Weihnachten in Russland nicht so eine große Rolle wie das Neujahrsfest vom 31. Dezember auf den 1. Januar,
sagt sie. Am 31. Dezember herrsche große Hektik in den Städten.
Alle Geschäfte seien rund um die Uhr geöffnet, genauso wie Restaurants und Cafés. Jeder wolle auf den letzten Drücker noch Geschenke für die Liebsten kaufen. „Da bin ich auch oft unterwegs und suche noch ein paar Präsente“, sagt die junge Russin, lacht und erzählt, dass „Ded Moroz“ − Väterchen Frost − in der Nacht zum
1. Januar Geschenke für die Kinder unter den Tannenbaum legt. Von Engeln wird er nicht begleitet. „Bei uns gibt es ’Snegurochka’. Sie ist die Enkelin von Väterchen Frost, ein ganz gutes und liebevolles
Mädchen aus Schnee“, sagt die Fremdsprachenassistentin, die
dieses Silvester − ein Wort, das es in der russischen Sprache nicht gibt − bei befreundeten Russland-Deutschen in Köln verbracht hat.
Während Katja Medvedeva schon wieder fleißig Sprachunterricht
in der Bio-Landschule gibt, freuen sich ihre Freunde in Russland schon auf das nächste, kleinere Fest am 13. Januar: Das „alte Neue Jahr“. „Nach dem Julianischen Kalender ist der 31. Dezember der 13. Januar nach dem Gregorianischen Kalender. Wir Russen feiern gern und so kommen auch hier wieder Freunde zusammen, um zum zweiten Mal
das neue Jahr zu begrüßen.“